Rückblick auf ein Spektakel ...

Rückblick auf ein Spektakel...

Ich weiß, im Moment kommt sehr wenig von mir, und das, obwohl folgender Artikel schon lange in meinem Kopf ist. Aber Arbeit, Uni, Projekte und auch meine Wochenendplanung lässt mir aktuell wenig Zeit. Ich tu mein Bestes um das zu ändern, denn mir fehlt das Schreiben. Dennoch Danke an die, die meinen Blog trotzdem immer wieder besuchen. <3

 

Links seht ihr den letzten Rest des Mittelalterspektakels in meiner Heimatstadt, welches die letzten 3 Wochen stattfand. Jetzt heißt es aufräumen in der Stadt, die ganzen Eindrücke verarbeiten, und dann denken die meisten eh 4 Jahre an kein Mittelalterfest mehr.


Wie beginnt man einen Text, der voller Kritik ist, die im Endeffekt eine ganze Stadt, genau genommen meine Heimatstadt, beleidigen könnte? Ich weiß es tatsächlich nicht, deshalb vorab (wie gefühlt immer): bei diesen Gedanken handelt es sich um meine Eigenen, deshalb: leben und leben lassen. Ich werde auch versuchen, meine Gedanken so zu formulieren, dass sie nicht verletzend sind.

 

In den letzten drei Wochen fand in meiner Heimatstadt ein Mittelalterspektakel statt, welches nur alle vier Jahre stattfindet und bei welchem ein historisches Ereignis nachgespielt wird (ich vermeide bewusst die konkreten Bezeichnungen, ist einfach ein Bauchgefühl). Und obwohl ich seit Jahren ein Fan von Mittelalterfesten bin, und gerne mit meinen Freunden dort hingehe, sträubt sich in mir alles gegen eben dieses Spektakel in meiner Heimat. Warum will ich euch heute erklären.

 

Auf ein Mittelalterfest zu gehen bedeutet für mich, einfach mal raus aus dem normalen Alltag zu kommen. Kein Stress, kein Internet, mal nicht 24/7 erreichbar sein. Außerdem mag ich es, dass der Ton dort rauer ist, für mich ist das einfach ein wunderbarer Ausgleich zu meinem "Business-Alltag". Zudem habe ich einfach die Erfahrung gemacht, dass man auf Mittelalterfesten nie lang allein ist, ganz egal ob man dort gewandet oder in zivil erscheint. Wer wirklich Lust darauf hat darf mitmachen und wird herzlichst aufgenommen. Man schlägt sich (manchmal mit völlig Fremden) die Nächte um die Ohren, sitzt nackt im Zuber, isst, trinkt, und ist einfach mal frei von all den Regeln aus 2017. Und vor allem gibt es richtig tolle, selbstgemachte Sachen an allen Ecken und Enden. Von Schuhen, über Kleider bis hin zu Schmuck, Werkzeug und ähnlichem, mich persönlich begeistert das einfach. Die Leute auf Mittelalterfesten leben dies und machen ihren Job mit echter Hingabe, mit echter Liebe. Ich hatte bisher immer den Eindruck, dass die Menschen auf den Mittelalterfesten nicht verkleidet sind, oder eine Rolle spielen, sie leben einfach ihre Leidenschaft.

 

Und hier gelange ich an den Punkt, der mich an dem Mittelalterspektakel, von welchem ich hier eigentlich schreibe, unsagbar nervt. Die Abneigung begann vor genau 4 Jahren, nach dem letzten Spektakel, als eine damalige Mitschülerin von mir die damals daran teilnahm nach dem ersten Wochenende in die Schule kam und meinte, wie schrecklich dreckig dort alles sei, so primitiv und Handys wären auch verboten :O Ich glaube, ich habe die Gute damals ein bisschen entgeistert angeschaut, und sie gefragt, was sie denn bitte bei einem "Mittelalterfest" anders erwartet hatte. Dabei wurde mir bewusst, dass wohl der Großteil der Teilnehmer dort nicht mitmacht, weil das Mittelalter super ist, sondern viel mehr, weil Prestige ziemlich viel bedeutet. Ich meine ich weiß, Geld regiert die Welt, aber für mich ist so eine Einstellung in der Hinsicht schlichtweg verlogen, weshalb ich dieses ganze Fest nicht ernst nehmen kann.

Die Vergabe der "Rollen" an die Teilnehmer des Spektakels wird natürlich auch durch gewisse Kriterien bestimmt. Man bewirbt sich für die Gruppen, nimmt dann an Castings teil und wird dann auserwählt oder eben nicht. Für mich übrigens ein Grund, mich von vorne herein nicht zu bewerben, einfach weil ich es gewohnt bin, einfach aufgenommen zu werden. Ich bevorzuge hierbei einfach, meine Feste mit den Menschen zu feiern, die meine Leidenschaft für das Mittelalter teilen. Auch der finanzielle Aspekt stört mich einfach. Und nein, damit meine ich nicht die Kosten der Mitgliedschaft bei dem Verein, der das Fest veranstaltet. Viel mehr stört mich das Wissen, dass die Rollen nach gesellschaftlicher Stellung und Spenden an den Verein erhält. (Im Großteil der Fälle ist das eben so, da braucht man sich nichts vormachen oder schön reden, Klartext reicht.)

 

Ich möchte nicht alles schlecht machen, wirklich. Eine solches Veranstaltung aufzuziehen ist eine sehr große Aufgabe, aber gleichzeitig fährt der Verein, der das Spektakel organisiert, meiner Meinung nach auch eine gewisse Doppelmoral. Man achtet überall extrem auf Authentizität. Jeder, der nicht stilecht gewandet ist, wird des Geländes verwiesen. Jene, die das ganze Jahr über Mittelalterfeste feiern würden hier ganz klar ausgegrenzt werden, es handelt sich um eine gewisse "Exklusivität" des Festes. Und hinter den Kulissen? Dort trinken die Teilnehmer ganz stilecht Prosecco und Cuba, und die Edeldamen, Fürstinnen und co. übertreffen sich regelrecht mit ihrem Make-Up. Aber hilft nichts, soll ja alles original sein, echt sein, komplett nach historische Vorbild, und Hauptsache die Haarpracht stimmt. Stimmt mir zu oder nicht, aber ich bin der Meinung entweder ganz oder gar nicht. Entweder ich stelle Regeln auf oder ich lasse es sein. Vielleicht übertreibe ich, aber sowas macht für mich das Fest unehrlich, ganz einfach.

 

Man könnte meinen, ist ja auch egal, jetzt ist erstmal für 4 weitere Jahre Ruhe und man kann sich wieder richtigen Mittelalterfesten widmen. Stimmt, aber leider nicht ganz, denn in meiner Stadt wird darauf geachtet, dass dort kein "besseres" Mittelalterfest stattfindet. Bis vor ein paar Jahren gab es einmal jährlich ein Ritterfest auf der Burg der Stadt, bis die Veranstalter von dieser vertrieben wurden. Zumindest indirekt. Aber ganz ehrlich, würde ich als Veranstalter eines Ritterfestes am Abend vor dem geplanten Termin die Auflage bekommen, keine Lagerfeuer zu machen, hätte ich auch kein Interesse mehr, Zeit und Energie in die Planung zu stecken, wenn man nicht erwünscht ist. Zudem soll gesagt sein, dass dies nicht das Lagerfeuerverbot nict die einzige Problematik war. Der Veranstalter des Ritterfestes hielt sich damals im Internet sehr bedeckt bezüglich der Gründe, weshalb es in der Stadt kein Ritterfest mehr geben wird, es wurde nur bekannt gegeben, dass den Veranstaltern diverse Steine in den Weg gelegt wurden. Natürlich möchte ich niemandem etwas Böses nachsagen oder unterstellen, aber ich habe es oben schon erwähnt, Geld regiert die Welt. Ich für meinen Teil vermisse das Ritterfest auf der Burg, aber wenigstens findet selbiges auch in Kufstein statt. (Ich weiß, dass seit letztem Jahr ein "Abklatschmittelalterfest" auf der Burg stattfindet, mit geregelten Öffnungszeiten, ohne Lagern, und sorry, aber es ist echt schlecht im Vergleich zum Ritterfest von früher.)

 

Nervt mich sonst noch was an der ganzen Geschichte? Natürlich, der ganze Konsum, die Läden, die peinlich verzweifelt versuchen, auf den Mittelalterspektakelzug aufzuspringen um ihren Kunden so möglichst viel Geld abzunehmen. Die letzten Wochen kam man an keinem Schaufenster vorbei, ohne überall die gleiche Deko und die selben Worte und Sprüche zu sehen. Jeder Laden warb damit, ein besonderes Mittelalterangebot zu haben. Naja, was Bier für 7€ und ein hässliches T-Shirt mit Mittelalter zu tun haben weiß ich nicht, aber gut, Geschmäcker sind verschieden, und wer das Geld hat kann's ja auch raus hauen. (Oder man spart es und geht dann auf ein echtes Mittelalterfest und kauft sich dort zum Beispiel ein Horn. :P) Für mich persönlich wirkt das drum herum um dieses Spektakel mittlerweile einfach eher wie ein großes Konsumfest als der Versuch, die Geschichte der Stadt nachzuspielen. Aber Geschäft ist Geschäft, ich weiß das selbst.

 

Ich für meinen Teil habe das Fest "boykottiert", bis auf 2-3 Treffen in der Stadt, die aber glücklicherweise kostenlos waren. Und jetzt ist ja zum Glück erstmal Ruhe, und nach dem Blog kann ich friedlich mit den vergangenen, für mich sehr nervigen, Wochen abschließen.

 

An der Stelle möchte ich nochmal betonen, dass ich natürlich auch wirklich Respekt vor den Veranstaltern habe, der Aufwand und die Organisation ist wohl schier unvorstellbar. (Auch wenn manches an manchen Stellen nicht richtig durchdacht war, beispielsweise in Sachen Sicherheitskonzept. Aber es ist Gott sei Dank alles gut gegangen, worüber ich wirklich froh bin. Und wer sich fragt, die Infos habe ich von Freunden, die selbst am Spektakel teilgenommen haben.)

Auch gibt es natürlich auch genügend Teilnehmer, die dieses Mittelalterspektakel wirklich leben und mit Herzblut dabei sind, aber hey, als echte Mittelalterfeste könntet ihr zwischendrin schon auch mal besuchen, das lohnt sich wirklich. :P 

 

Aber wie gesagt, jedem das seine. Passt auf euch auf & vielen Dank für's Lesen. :)

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    TurlokCK (Montag, 31 Juli 2017 10:51)

    Hihi, jetzt habe ich gerade deinen Beitrag zu diesem "Fest" gelesen und habe mir gerade überlegt ob ich mit einem freudigen Haalllooo einen Kommentar beginne ;) Du hast in vielen Dingen die du schreibst recht und liegst mit anderen aber auch ziemlich daneben. Würde ich darauf jetzt in aller Ausführlichkeit eingehen würde mein Kommentar wohl länger wie dein Beitrag, daher lasse ich das jetzt mal. Daher nur ein paar Dinge in aller Kürze: Zunächst sollte man zwischen Mittelalterfest und historischem Schauspiel unterscheiden. Ich kenne Mittelalterfeste die mit Mittelalter mal sowas von gar nichts zu tun haben. Aus dem Stand fallen mir mindestens 3 Mittelalterfeste ein, die mindestens genauso konsumorientiert sind. Und das sind nur ein paar Sachen die mir jetzt spontan dazu einfallen. Trotzdem hast du natürlich mit den meisten Dingen die du über das von dir beschriebene Fest schreibst recht. Aber mehr möchte ich an der Stelle gar nicht dazu schreiben. Wir haben ja das Glück das wir auch an anderer Stelle darüber diskutieren können :)

  • #2

    AndreaKaro (Dienstag, 01 August 2017 23:23)

    Ich kann schon zwischen Mittelalterfest und historischem Spektakel unterscheiden, heißt aber dennoch nicht, dass ich das drum herum gut heißen muss. Natürlich hat das Fest auch seine schönen Seiten, deshalb soll es lieben wer es liebt. Mich regt es nur einfach in vielerlei Hinsicht auf, und nachdem jetzt Wochenlang nur geschrieben wurde wie toll das Fest ist, musste ich meine Meinung einfach mal kund tun. Natürlich gibt es zahlreiche andere Konsumorientierte Feste, will ich gar nicht abstreiten, aber nachdem über das, welches ich meine immer so n Wind gemacht wird ist es einfach ein großes Thema.

    Man bekommt hald viel mit wenn man was kritisch hinterfragt und nicht alles so toll findet wies aufgebauscht wird.
    Aber auf die Diskussion freu ich mich jetzt schon, wirklich :D :)

    Liebe Grüße ^_^