Minderheiten und Deutschland


Eigentlich war dieses Thema schon vor über ner Woche präsent, aber kürzlich habe ich mich ziemlich drüber aufgeregt - das Thema, bzw. die Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Am Freitag, als ich den Satz (und die anschließende Bestätigung) das erste Mal gehört habe, dachte ich mir, ok, die Aussage ist so dumm, da will ich gar nicht weiter drüber nachdenken. Nach einem Gespräch letztens (oder bzw. auch verschiedenen Gesprächen über verschiedene Themen, politisch läuft ja schließlich nicht nur in Deutschland einiges falsch), dachte ich mir aber, vielleicht möchte ich doch kurz ein paar Punkte hier aufführen. 

 

Ich bin definitiv kein Politikexperte, aber ich glaube, ich habe einen einigermaßen guten Menschenverstand. 



Der Islam gehört nicht zu Deutschland...


Deutschland ist ein christliches Land. Unsere Kultur, unsere Werte und unsere Rechtsordnung sind christlich geprägt. Wer ausspricht, was die überwältigende Mehrheit in unserem Land denkt, der spaltet nicht - der führt zusammen. (Dobrint, merkur.de)

 

 

Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland. Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland. (Seehofer, merkur.de)

 

 

Und auch der liebe Herr Söder stellt klar, dass die Muslime, die hier arbeiten, sich integrieren und deutsche Werte annehmen zum Land gehören, Deutschland und Bayern aber christlich-abendländisch geprägt sind und das bleibt auch so. (Söder, welt.de)

 

 

Über dieses Thema haben sich vor ein paar Tagen noch alle aufgeregt, naja und jetzt? Manche Bürger haben das Thema Islam schon wieder längst vergessen, für andere sind Themen wie Islam und auch Flüchtlinge auch weiterhin quasi das Böse in Person, manche kämpfen für oder diese Gruppe, etc. Jeder hat hier eine eigene Meinung und wie es auf meinem Blog so oft ist, möchte ich diesbezüglich einfach mal ein paar Gedanken meinerseits aussprechen, sowohl was Flüchtlinge als auch Minderheiten betrifft.

 

 

Das wichtigste, was ich ansprechen möchte im Bezug auf dieses Thema ist das Argument, "unsere Geschichte" bzw. "unsere Kultur", weil wir ja "christlich-abendländisch" geprägt sind, was "auch so bleibt". Einer der Gedanken den ich so unendlich hasse, ich glaube, dass kaum etwas deutscher (oder wahrscheinlich bayrischer) ist, als das typische, das war schon immer so, das wird auch immer so bleiben. Ich mein, ernsthaft? Unsere Geschichte und Kultur wurde doch nicht an Tag X aufgeschrieben und wird seitdem so, genau so gelebt. Ein absolut großes Nein. 

 

Die Geschichte Deutschlands beginnt laut Wikipedia (mehr recherchieren mag ich grad nicht) wahrscheinlich im 10. oder 11. Jahrhundert, es entwickelte sich aus dem Ostfrankenreich. Im Laufe der Zeit gab es verschiedene Einflüsse und durch Kriege, Verfolgungen, Mord, Totschlag, Machtstürze und Machtwechsel usw. bildete sich im Laufe der Zeit das Deutschland, wie wir es heute kennen. Im Laufe der Zeit entstand "unsere Geschichte", aber diese Geschichte ist noch nicht zu ende erzählt. Bzw. genau genommen wurde diese "unsere Geschichte" durchgesetzt von Menschen, die Macht hatten und genau diese Werte und Gedanken als richtig angesehen haben. Und wenn wir an der Stelle mal so nebenbei an die jüngste Vergangenheit denken, dann ist "unsere Geschichte" auch wirklich keinesfalls alt, weil Geschichte sich permanent wandelt und nicht in Stein gemeißelt ist. 

Gehen wir in eben dieser Geschichte zurück, und damit mein ich nur 100 Jahre zurück, gab es einen Herren, für den gehörten unter anderem Juden nicht zu Deutschland. Und wohin das geführt hat, muss ich an dieser Stelle ja wohl nicht weiter erläutern.

 

Und jetzt gehört der Islam auf einmal nicht zu Deutschland, bzw. wird dieses Thema jetzt mal eben durch die Medien gewirbelt. Klar, in "unserer Geschichte" ist der Islam noch nicht soooo lange dabei, aber, was ich vorhin schon anführen wollte: Geschichte entsteht im Laufe der Zeit und ändert sich eben auch genau so und durch neue Menschen und Kulturen. Menschen, Themen, Objekte, Werte, Technik, alles erdenkliche, kam und kommt auch in Zukunft erst im Laufe der Zeit dazu und ändert sich natürlich auch. Bereits seit der zweiten Hälfte des 20. Jhds sind Menschen, die dem Islam angehören nach Deutschland gekommen und diese Religion ist in Deutschland jene, mit den zweitmeisten Gläubigen und hat rund 4,5 Millionen Anhänger. Und meiner Meinung nach macht das den Islam nach und nach zu einem Teil von Deutschland und gehört dazu. Und solange jeder seinen Glauben für sich auslebt kann das doch eh jedem anderen egal sein? Solange dadurch keiner behindert, verletzt oder zu irgendwas gezwungen wird, ist doch alles gut?

 

Hier möchte ich auch mal auf einen anderen Aspekt eingehen: Wer sagt denn eigentlich, was deutsch ist und was zu Deutschland gehört? Auch das waren Menschen, die mächtig waren, andere unterdrückt hatten und sich gegen andere durchgesetzt haben. Und ich finde, wir Deutschen fühlen uns schon oft sehr "mächtig", einfach weil wir hier geboren wurden und unseren Wohlstand gewohnt sind und dadurch meinen, das wir das Recht darauf haben. Aber ganz ehrlich: Eigentlich hatte jeder von uns einfach nur verdammt viel Glück, genau in diesen Wohlstand geboren worden zu sein. Und wahrscheinlich hat jeder von uns Angst, teilen zu müssen, was abgeben zu müssen und ja, Menschen geiern einfach extrem oft, wenn andere dann etwas geschenkt bekommen. Und Deutschland, Europa, die Welt, das alles gehört niemandem, also darf eigentlich keiner geiern.

 

Und mit andere meine ich an dieser Stelle jetzt Flüchtlinge. Ich habe das in meinem Umfeld schon so, so, so oft mitbekommen, wie viel Hass viele auf Flüchtlinge, andere Religionen und Minderheiten haben. Unter anderem weil diese ja oft "illegal" nach Deutschland kommen. Ich möchte nichts gut heißen, manche nutzen die Situation in Deutschland bestimmt aus. Aber gleichzeitig denke ich mir, wenn mir mein Haus weggebomt wird und ich jeden Tag Angst haben muss zu sterben, dann würde ich meinen Wohnort auch verlassen und dorthin gehen, wo es vermeidlich sicher ist. Die Sehnsucht nach Sicherheit insbesondere ein sicheres Zuhause für die Familie und für Freunde ist doch nur ein menschliches Bedürfnis. 

Aber hier, genau hier kommen dann wieder unsere Politiker ins Spiel. Politiker, die den Staat jährlich Unsummen Kosten, obwohl sie kaum was machen, bzw. genau das machen, was sie eigentlich wollen. Ich möchte an der Stelle anmerken, dass Deutschland 9 Monate komplett ohne Regierung auskam, vor der Wahl große Versprechen, nach der Wahl ein Schlag in die Fresse. 

 

Ein nächstes Problem, was all diesen Hass natürlich verstärkt, sind die Medien, bzw. die Dinge, die die Medien publizieren. Ich weiß nicht ob ich mich zu weit aus dem Fenster lehne, aber meiner Meinung nach geschieht Volksverhetzung allen voran durch die Medien. Die Medien, die einem einerseits sagen, dass zum Beispiel Renten super niedrig sind und im gleichen Atemzug erwähnen, wie viel Geld den Flüchtlingen geschenkt wird. Und leider denken die meisten Menschen nur von A nach B. Viele fühlen sich ungerecht behandelt, sehen, dass es anderen scheinbar "besser" geht und dadurch entsteht der Hass. Dass Renten ungerecht sind weiß ich und möchte ich nicht schön reden. Ich seh das leider selbst zu Hause und es tut mir weh, ansehen zu müssen, wie Menschen am Existenzminimum kämpfen. Und dann werde ich wütend, wenn eben diese Menschen diesen Frust auf Flüchtlinge oder Minderheiten projizieren, die aber eigentlich nichts dafür können, aber das ist eben am leichtesten und schnellsten zu kombinieren. Ach ja, und anbei bemerkt ist es doch auch schön, einen Sündenbock zu haben, der mir im besten Fall in der Stadt über den Weg läuft. 

 

Aber ganz ehrlich: Das ist nicht das Problem.

Unser Problem versteckt sich gut geschützt hinter Mauern, nämlich die Politiker in unserem Land. Bzw. läuft auch mehr oder weniger unwissend davor rum, das Volk. 

 

Wir in Deutschland leben in einer Demokratie, das heißt wir wählen unsere Regierung, wir haben Macht, wir können entscheiden. Eigentlich. Aber um zu entscheiden müssen wir endlich denken. Und denken ist mehr, als sich von Medien und Aussagen verhetzen zu lassen. Vielleicht mache ich das mit meinem Artikel auch ein Stück weit, schließlich bildet sich eine eigene Meinung immer irgendwie aus anderen Meinungen. Aber ich möchte hier einfach versuchen, den Blick mal ein bisschen zum weiter denken anzuregen. 

 

 

Ich möchte jetzt enden und einfach ein bisschen etwas abschließend zusammenfassen. Einerseits ist es meiner Meinung nach wichtig zu wissen, dass auch Minderheiten (MEINER MEINUNG NACH!!!!) zu Deutschland gehören. Ganz egal ob man nun dem Islam angehört, den Buddhisten, ka, es ist doch egal, im Endeffekt sind alle Menschen und Deutschland ist ein Land, welches niemandem gehört, wir hatten nur Glück, genau hier geboren worden zu sein. Und nur weil man diese Minderheiten akzeptiert und sie ihr Leben leben lässt, heißt es doch auch nicht, dass unsere Kultur, "unsere Geschichte" dadurch komplett über Bord geworfen wird. Neues zu akzeptieren heißt für mich, seinen Horizont zu erweitern. Nur weil man beispielsweise Muslime als Teil, ALS NEUER TEIL, von Deutschland akzeptiert, muss man den Sonntag nicht abschaffen. (Natürlich braucht das im Gegenzug auch Akzeptanz von den Minderheiten; aber ganz allgemein, man sollte andere Gesinnungen eh einfach mal mehr akzeptieren solange niemand dadurch geschädigt wird.) 

Andererseits ändert sich Geschichte einfach. Nicht die vergangene, aber die zukünftige und genau diesen Wandel braucht man, um weiter zu kommen. Um neues zu lernen und für den Fortschritt. Irgendwer hat mal festgesetzt wie unsere Kultur auszusehen hat, ein weiterer hat es verändert, und wieder geändert und wieder und wieder. Und alle waren Menschen und dadurch irgendwie gleich.

 

Und anschließend möchte ich auch ein Stück weit an den Verstand appellieren. Hört auf, Sündenböcke in denen zu suchen, die von den Medien erfolgreich verhetzt werden. Das Problem das Deutschland hat sind die Menschen, die an der Macht stehen, die, die das Volk belügen - und wieder gewählt werden. Und an dieser Stelle ein wichtiger Punkt: Wenn unsere Politiker es verbocken, dann haben wir es verbockt, weil, wie schon erwähnt, wir sind die, die wählen. Wir regen uns auf, wenn etwas nicht passt, aber wir ändern nichts. Wir akzeptieren was uns vorgesetzt wird, laufen dem ersten nach was wir hören, sehen und lesen. Aber ganz ehrlich, wer am lautesten schreit wird am ehesten gehört, egal ob das, was gesagt wird stimmt oder nicht.

 

Hört auf "Minderheiten" zu verhetzen, wir sind alle Menschen. Viele können gar nichts für ihre Position, sondern werden einfach in eine Rolle gedrängt. Nicht alles was man sieht ist auch unbedingt die Wahrheit. Wer ausspricht, dass Minderheiten nicht dazu gehören, der führt die zusammen, die unzufrieden sind, die einen Sündenbock suchen. Wer so etwas ausspricht führt menschlich gesehen aber absolut rein gar nicht zusammen. 

 

Ach und wie sinnlos ist es, zu sagen, Muslime gehören dazu, der Islam aber nicht? Quasi die, die schön arbeiten und Steuern zahlen sind ok, aber bitte, arbeitet nur und lebt euer Leben nicht, weil das ist anders und anders ist schlecht. (Nur zur Sicherheit, das war ein bisschen sarkastisch.)

Ach ja, und natürlich gibt es Gesinnungen, die nicht zu DE gehören, aber die haben nichts mit dem Glauben zu tun. Die Gesinnungen die ich meine sind dumm und gewalttätig, dazu gehört ein deutscher, "arischer" Nazi genauso wie ein Islamist. Aber die gehören nicht nur nicht zu DE, sondern die braucht man nirgends auf der Welt.

 

 

Vielen Dank fürs Lesen, passt auf euch auf und denkt nach bevor ihr handelt. 

 

 

Ach ja und zu meinem Bild, eine Wahlurne, fand ich grad irgendwie passend. Insbesondere, weil mich kürzlich ein Freund darauf aufmerksam gemacht hat, dass das Ding, in welches wir unsere Wahlzettel werfen, als URNE bezeichnet wird. Bin ich die einzige, die das traurig faszinierend und gleichzeitig belustigend findet?

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marcel (Freitag, 10 August 2018 20:40)

    Die Wahlurne. Hmmm. Heist das dann das unsere Stimmen nach jeder Wahl beerdigt werden?? ;) Vermutlich ganz entspannt im Crematorium.